April
2005

Abschlussbericht

 

 

IN-SITU-ABREINIGUNG VON TRICHLORETHEN (TCE) IM GW
MIT REGENERIERBAREM FE0-REAKTOR
IN HORIZONTALER ANORDNUNG
AM STANDORT DER EHEMALIGEN WGT-KASERNE
BERNAU (LAND BRANDENBURG)


Verantwortlich: Freygang, M. & Hein, P.

Antragsteller: Land Brandenburg (WGT-Liegenschaften im AGV), vertreten durch Brandenburgische Boden Gesellschaft für Grundstücksverwaltung und -verwertung mbH (BBG)
Hauptallee 116/6

D-15838 Waldstadt/Wünsdorf
Zuwendungsempfänger: Land Brandenburg (WGT-Liegenschaften im AGV),
vertreten durch Brandenburgische Boden Gesellschaft für Grundstücksverwaltung und -verwertung mbH (BBG)
Bearbeiter: Dipl.-Geol. M. Freygang (BBG), Dipl.-Geol. P. Hein, Dr. C. Bokermann, Dipl.-Ing. Holm (INGAAS GmbH); Dipl.- Ing. L. Vigelahn (TU Berlin)
Förderkennzeichen: BMBF 0251 231
Berichtszeitraum: 01.102002-31.03.2005
Berlin, 05. April 2005

Ausführende Stelle:
Land Brandenburg „Grundstücksfond Brandenburg“,
vertreten durch Brandenburgische Boden Gesellschaft für Grundstücksverwaltung und -verwertung mbH (BBG)
Projektleitung: Dipl.-Geol. M. Freygang (BBG mbH);
Forschungsverbund Institut für Technischen Umweltschutz, TU Berlin
(Dipl.-Ing. L. Vigelahn) & INGAAS GmbH, Berlin
Projektsteuerung / INGAAS Ingenieurgesellschaft für Wasserwirtschaft
fachliche Begleitung und Umweltschutz mbH, Berlin (Dipl.-Geol. P. Hein)
Vertretung: Dipl.-Geol. A. Isenberg (BBG mbH)
Controlling: ARGE BERLOGA, Dipl.-Chem. A. Bielke (Quadriga GmbH)
Vertrags-, Rechnungswesen: BBG mbH

Einleitung

Am Standort einer ehemaligen Kaserne in Bernau bei Berlin liegen zwei ausgedehnte Trichlorethen (TCE)-Kontaminationsfahnen im Grundwasser (GW) vor, die langfristig aufgrund ständig emittierender, tief reichender Phasenherde mit Hilfe einer herkömmlichen Abstromsicherung durch Pump&Treat (P&T) nicht effizient kontrolliert
werden können. Die Errichtung eines Reaktionswandsystems zur passiven in-situ-Abreinigung mit metallischem Eisen (Fe0) am Standort erschien Ende der 90er Jahre aussichtsreich, jedoch aufgrund mangelnder Erfahrung von Feldanwendungen hinsichtlich der Abbaueffizienz und Langzeitstabilität von Eisen als zu risikobehaftet. Der
Forschungsbedarf führte im Jahr 2000 zum Bau und Betrieb eines BMBF-geförderten Fe0-Pilotreaktors im großtechnischen Maßstab.
Am Pilotreaktor konnte unter kontrollierten quasi in-situ-Bedingungen das Abbauverhalten von TCE bei stufenweise variierenden Zulaufkonzentrationen und unterschiedlichen Volumenströmen über die gesamte Fließstrecke während des nunmehr 3-jährigen Betriebes detailliert beobachtet werden. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse
sollen auf die geplante Feldanwendung zur Sicherung der beiden kontaminierten Aquifere mit drei bis zu 750 m langen Fahnen und Tiefenreichweiten von bis zu 40 m übertragen werden. In den Fahnenkernen wurden dauerhaft TCE-Konzentrationen von 100–300 mg/l TCE nachgewiesen.

Aufgabenstellung

Im Rahmen des BMBF-geförderten F&E-Projektes „Reaktive Wände“ wurde die Eignung von metallischem Eisen zur reduktiven Dechlorierung hoher TCE-Konzentrationen im Grundwasser hinsichtlich seiner Effektivität und Langzeitstabilität unter simulierten in-situ-Bedingungen in einem großtechnischen Pilotreaktor über
einen Zeitraum von (derzeit) drei Jahren untersucht.
Neben der Erforschung der
- Abbauleistung und Langzeitstabilität
- unter kontrollierbaren quasi in-situ-Bedingungen
- mit Hilfe einer horizontal angeordneten, hydraulisch steuerbaren Verfahrensführung
in geringer Tiefe stand die Optimierung der Dimensionierung reaktiver Festbettreaktoren für eine
Übertragung auf die Feldanwendung im Vordergrund. Mit Abschluss des F&E-Vorhabens sollen die gewonnenen Ergebnisse auf die Errichtung eines optimierten Reaktionswandsystems zur Sanierung und Abstromsicherung der Kontaminationsfahnen in zwei Aquiferen am Standort Bernau übertragen werden.
Mit fortschreitendem Reaktorbetrieb offenbarten sich neben einer hohen Abbaueffizienz aber auch Problemstellungen, die unter Berücksichtigung aktueller Forschungsergebnisse aus Laboruntersuchungen und Feldanwendungen nicht zu erwarten waren. Der daraus resultierende weitere Forschungsbedarf begründete eine Aufstockung und Verlängerung des Projektes seitens des BMBF mit den Zielen der:
- Erprobung angepasster biotischer und abiotischer Nachreinigungstechnologien zur effizienten Abreinigung von TCE-Abbauprodukten;
- Ursachenklärung der beobachteten Permeabilitätsverluste, im Besonderen: Erfassung der Gesamtkorrosion durch Gasbildungsraten, Identifizierung von Präzipitaten;
- Prognose der Standzeiten hinsichtlich Passivierung und/oder Verblockung (empirisch anhand der Versuchsergebnisse, rechnerisch anhand gekoppelter Transport-Reaktions-Modellsimulationen);
- Erprobung technischer Eingriffsmöglichkeiten zur physikalischen und/oder chemischen Regeneration von Eisenschüttungen; Eingriffs- und Vermeidungsstrategien.

Verfahrensprinzip

Abb. 1 zeigt schematisch das Verfahrensprinzip des Reaktors. Die vom kontaminierten Grundwasserstrom unter kontrollierten Bedingungen zu passierende Eisenschüttung ist derzeit in zehn von insgesamt 18 — vertikal von oben nach unten durchströmten— Betonmodulen untergebracht, die miteinander durch Leitungen verbunden sind. Jede dieser „Großsäulen“ ist mit Mess- und Probenahmestellen ausgestattet. Oberhalb der Eisenschüttung befindet sich ein wassererfüllter Hohlraum, der auch als Gasauffangraum (vorrangig für H2 aus der Eisenkorrosion) dient und kontrolliert über Druckventile entgast werden kann. Eine flächige Drainage an der Sohle sorgt für eine gleichmäßige Durchströmung der Module.
Die Module sind in einer umspundeten und trockengelegten Baugrube unterhalb des natürlichen GW-Spiegels untergebracht. Das System steht damit im Betrieb immer unter Druck, Probenahmen der volatilen Schadstoffe können dadurch ohne Pumpenförderung realisiert werden.
Im Testbetrieb wurde das erste Reaktormodul sandwichartig mit Schwammeisen (SE) der Fa. ISPAT (Responge, Körnung 8-15 mm) und Kieszwischenlagen befüllt, um das GW für die nachfolgenden neun, mit Graugußgranulat (GG) der Fa. Meyer (0,3–2 mm) beaufschlagten Module vorzukonditionieren. Diese Vorkonditionierung hatte eine weitgehende Demineralisierung des GW bereits im ersten hochdurchlässigen Schwammeisen-Modul zum Ziel, um die nachfolgenden, geringer durchlässigen Granulat-Module vor einer Verblockung bzw. Passivierung durch Präzipitate zu schützen.
Der Reaktorbetrieb kann sowohl aktiv über eine Förderpumpe als auch passiv durch Aufhöhung des GW-Spiegels in der dem Reaktor vorgelagerten „Umschließung“ erfolgen. Die Umschließung besteht aus einer mineralischen Dichtwand, die ca. 10 m uGOK in den unterlagernden Stauer einbindet und den hochkontaminierten TCE-Haupteintragsbereich im oberen Grundwasserleiter (GWL) einkapselt. Begleitend wird dieser Bereich als gekapseltes in-situ-Testfeld genutzt, um beispielsweise die Quellstärke der kontaminierten Bodenmatrix bei kontrollierter Durchströmung zu beurteilen.
Der über einen nachgeschalteten Aktivkohle-Polizeifilter geleitete, gereinigte Reaktorablauf wird in den oberen GWL außerhalb der Umschließung reinfiltriert. Der Pilotreaktor ermöglicht damit eine umfassende Beobachtung der hydrochemischen Prozesse und hydraulischen Folgewirkungen, wie sie in reaktiven in-situ-Wänden derzeit nicht realisierbar sind. So kann das GW bei bekanntem Volumenfluß in der Eisenschüttung räumlich und zeitlich in hoher Auflösung beprobt und analysiert werden. Hydraulische Veränderungen können anhand von Durchflussmessungen
und Druckverlustbestimmungen in der Schüttung jedes Einzelmoduls über die gesamte Reaktorstrecke systematisch erfasst und interpretiert werden. Zudem bietet das umschlossene System Möglichkeiten zur Probenahme und Identifizierung von Gasen und Feststoffen sowie zur Quantifizierung gebildeter Gasvolumina im Eisen.
Die Eisenschüttung kann im Falle gravierender Effizienzverluste beispielsweise durch Verblockung oder Passivierung ausgetauscht bzw. regeneriert werden.

Dimensionierung der F&E-Reaktors

Die Dimensionierung des Reaktors ergab sich aus der in Säulenversuchen ermittelten Reaktionskinetik, der durchschnittlich zu erwartenden TCE-Konzentration im Zulauf und der angestrebten Ablaufkonzentration von 1 mg/l LCKW. Ausmaße und maßgebende Randbedingungen sind aus Tab. 1 ersichtlich. Die einzelnen Reaktormodule
bestehen aus Stahlbetonrundbehältern (B55) vom Typ Comfort der Fa. Mall Umweltsysteme GmbH mit den nachfolgend tabellierten technischen Spezifikationen.

 

Tab. 1: techn. Maße und Randbedingungen des Reaktors

Randbedingungen Spundwandkasten
Hydraulischer Druck 0 – 0,2 bar
entspr. 0 - 2 m
Wassersäule
Grundfläche (L x B) 17,90 x 10,90 m
Tiefe [m uGOK] (nutzbar) ca. 4,50 m (ca. 2,40 m)
Kf- Wert des Eisenmaterials
(sortenabhängig)
1,5E-02 bis
5,0E-03 m/s
Einzelmodule
Stahlbeton in monolithischer Rundbauweise, wasserundurchlässig; Abdeckplatte SLW 60, kraftschlüssig mit Elastomerprofilen bis 1 bar wasserdicht verschraubbar
angestrebte Verweilzeit 48 – 60 h Innendurchmesser 2,50 m
LCKW Konzentration (in) ca. 75 mg/l Außendurchmesser 2,80 m
LCKW Konzentration (out) 1 mg/l Lichte Höhe 2,15 m
Halbwertzeit für TCE 8 - 10 h Gesamteinbautiefe 2,60 m
GW-Durchsatz 1,0 – 2,5 m3/h Gewicht des Unterbehälters 8,90 t
Peff der Eisenschüttung ca. 30 – 40 % Gewicht der Abdeckplatte 4,70 t

 

Errichtung der Bauwerke

Folgende Tiefbaumaßnahmen einschl. hierfür erforderlicher Genehmigungsverfahren wurden im Zeitraum von Oktober 2000 bis Sept. 2001 geplant, ausgeschrieben und umgesetzt:
1. Errichtung einer Stahlspundwand im oberen GWL zur Unterbringung des in-situ-Horizontalreaktors;
2. Errichtung einer Bentonit-Zement-Dichtwand zur Umschließung der Haupteintragsherde im oberen GWL;
3. Aushub der Baugrube im Reaktorspundkasten bis GW-Spiegel, Anbringen der Vergurtungen und Aussteifungen;
4. Dekontamination des Baugrubenwassers;
5. Unterwasseraushub der Baugrube bis 5,50 m uGOK bei gleichzeitiger Auffüllung mit dekontaminiertem Grundwasser;
6. Einbringung einer Unterwasserbetonsohle als Auflagefläche für den Reaktor;
7. Auspumpen der Baugrube bei gleichzeitiger Kontrolle der GW-Dynamik;
8. Einbau der Reaktormodule, Befüllung der Module R1-R10;
9. Einfahrphase und Inbetriebnahme des Reaktors.

Genehmigungen

Die geplante Baugrube zur Aufnahme des Reaktors war als Abgrabung i.S.d. Landesbauordnung Brandenburg genehmigungspflichtig. Im Zuge des vom Bauordnungsamt des Landkreises durchgeführten Verfahrens wurden Stellungnahmen von folgenden Trägern öffentlicher Belange (TÖB) eingeholt: Untere Wasserbehörde,
Untere Abfall- und Altlasten-/Bodenschutzbehörde, Amt für Arbeitsschutz, Amt für Immissionsschutz. Im Vorfeld fand mit allen beteiligten Behördenvertretern ein vorbereitendes Informationsgespräch zu den geplanten Maßnahmen statt. Eine zügige und reibungslose Bearbeitung der Antragsunterlagen seitens der zuständigen Behörde
wurde dankenswerterweise in vollem Umfang gewährleistet.
Für die Errichtung der mineralischen Dichtwand (März 2001), den Austausch des belasteten Grundwassers im Reaktorspundkasten (April 2001), die Aufrechterhaltung des Baubetriebes (März-Juni 2001) sowie für den Normalbetrieb des Reaktors (Aug. 2001 bis Aug. 2002) wurde seitens der Unteren Wasserbehörde eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme und Umleitung von Grundwasser erteilt.
Nachweislich nicht kontaminierter Bodenaushub wurde zur Auffüllung der im Bereich der Altlastenfläche vorhandenen Geländeunebenheiten genutzt. Dabei handelte es sich ebenfalls um eine nach BBodSchV genehmigungspflichtige Baumaßnahme.

Betrieb

In der ersten Hälfte des Betriebszeitraums (2001 – heute) wurden die Module R1 bis R10 in Reihe bei konstantem Durchfluss von 1 m³/h unter stufenweise variierenden TCE-Zulaufkonzentrationen von 5 bis 150 mg/l gefahren. Der Volumenfluss wurde später testweise auf bis zu 0,2 m³/h reduziert. In der aktuell angelaufenen Testphase
wurde das Reaktorkonzept auf einen Parallelbetrieb mehrerer, direkt mit dem originären Grundwasser beschickten, granulatbefüllten Einzelmodule bei unterschiedlichen Volumenströmen umgestellt. Das Konzept der Vorkonditionierung durch Schwammeisen wurde nach dreijährigem Betrieb aufgegeben. Insgesamt wurden über 4.000
Porenvolumina im Eisen ausgetauscht und ca. 13.000 m³ TCE-kontaminiertes GW behandelt.

Ergebnisse

Als wichtiges postives Forschungsergebnis ist ein sehr effizienter Abbau insbesondere von hohen TCE-Konzentrationen zu verzeichnen. Begleitend entstehen allerdings auch chlorierte Abbauprodukte (Vinylchorid [VC] und cis-Dichlorchlorethen c-DCE) in unterschiedlichen Größenordnungen. Beobachtet wurden ferner lokale Permeabilitätsverluste durch Gasverblockungen in Verbindung mit Präzipitatbildung. Nachfolgend
eine stichwortartige Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse.
Nachgewiesen wurde, dass
- ca. 99% TCE abgebaut wurden, davon 85% in den ersten 3 Granulatmodulen (R2 bis R4) hinter der Konditionierungszone aus Schwammeisen (vgl. Abb. 2)
- ein Übergang in der Abbaukinetik von der quasi nullter Ordnung zur quasi erster Ordnung im Konzentrationsbereich von 25–35 mg/l TCE erfolgt,
- mit dem TCE-Abbau die Entstehung der Tochterprodukte cDCE mit 2-8 Mol% (1-4 mg/l) und VC mit 1-2 Mol% (0,2–0,8 mg/l) der TCE-Zulaufkonzentration einhergeht, die in den Folgemodulen R4 bis R10 vom Granulateisen nicht mehr nennenswert dechloriert werden (vgl. Abb. 2),
- eine deutlich effizientere abiotische Nachreinigung von cDCE und VC mit katalytischen Schüttungen aussichtsreich erscheint, wie vor Ort betriebene und mit dem Reaktorablauf beschickte Säulenversuche ergaben,
- neben dem dechlorierten Hauptendprodukt Ethen auch deutliche Mengen an weiteren Alkanen und Alkenen (z.B. Methan, Ethan, Propan, Butan und deren Isomere) nachgewiesen wurden,
- ein mikrobieller Abbau von LCKW im Rahmen des mehrmonatigen Betriebes zweier sandgefüllter Anaerob- bzw. Aerobreaktormodule sowohl für PCE und TCE (anaerob) als auch für cDCE und VC (aerob) eindeutig nachweisbar war,
- die demineralisierende Wirkung der Vorkonditionierung mit Schwammeisen nur in den ersten 3 Monaten zufriedenstellend verlief,
- mit fortschreitender Zeit erhebliche Permeabilitätsverluste in den vorderen, mit Granulat befüllten Reaktormodulen (R2, R3) bis hin zur nahezu vollständigen Verblockung nach 10 Monaten bzw. nach ca. 2.000 ausgetauschten Porenvolumina auftraten,
- die Ursache dieser Verblockungen einesteils in der Ausfällung von Mineralfrachten im Top der Granulatschüttung, anderenteils in der Bildung von Wasserstoff und dessen unzureichender Entgasung lag,
- die Gasverblockung durch Messung des Gasvolumens in R1 bis R3 - vornehmlich im oberen Schüttungsbereich von R2 lokalisiert - bestätigt wurde,
- nach einer mehrtägigen aktiven Entgasung von R1 bis R3 die Permeabilität zwar kurzfristig um ca. 30% angehoben werden konnte, dann aber aufgrund des neu gebildeten Gases wieder abfiel,
- sich die Ausbildung der Verblockungszone zwischenzeitlich in R3 wiederholte. Die Entstehung dieser Zone wird auf zwei Ursachen zurückgeführt:
1.) Die wassererfüllte Mischzone über der R2-Schüttung bewirkte erhöhte Aufenthaltszeiten und eine Vermischung der sich - in Verbindung mit hohen Abstandsgeschwindigkeiten und einer hohen Gesamtkorrosion - im chemischen
Ungleichgewicht bzw. hinsichtlich verschiedener Mineralphasen in einem übersättigten Zustand befindlichen wässrigen Phase nach Vorbehandlung im Schwammeisen. Im freien Wasserkörper kam es infolgedessen zu Fällungsreaktionen. Die Mischzone wirkte somit als (unerwünschter) Reaktionsraum und Sedimentationsfalle;
2.) Dies galt auch für die Fällung von Eisensulfidschlämmen als Folge der einsetzenden mikrobiellen Sulfatreduktion im Vormodul: geht man von einer um 10 mg/l abnehmenden Gelösteisenkonzentration in der Verweilzone aus, ergibt
sich überschlägig nach einem Jahr eine etwa 1 cm hohe Deckschicht auf der reaktiven Schüttung.
3.) die Akkumulation von Präzipitaten erfolgt anfänglich vorrangig an der Front der Granulatschüttung, also in Bereichen höherer Korrosion, da die Wässer hier noch einen hohen Mineralisierungsgrad aufweisen. Mit fortschreitender Zeit bildet sich eine wandernde „Präzipitationsfront“, einhergehend mit einer
fortschreitenden Passivierung des Eisens bzw. abnehmender Korrosivität.

Ausblick (Verwertbarkeit der Ergebnisse)

Nach Abschluss des Vorhabens sollen die gewonnenen Ergebnisse auf die Errichtung eines optimierten Reaktionswandsystems zur Sanierung und Abstromsicherung des oberen GWL am Standort Bernau übertragen werden. Mittelfristig (2006) ist die Einbindung der jetzigen Pilotforschungsanlage in die Gesamtsanierung des Standortes vorgesehen.
Wenn sich die Ergebnisse aus dem Reaktorbetrieb aufgrund der ungleich höheren Frachtenbeaufschlagung auch nicht unmittelbar auf die in-situ-Verhältnisse einer passiv durchströmten Reinigungswand übertragen lassen, ist hervorzuheben, dass damit eine stark fortgeschrittene Alterung des Eisens simuliert wurde. Die hohen Volumenströme am Reaktor spiegeln im Zeitraffer Standzeiteffekte, wie die fortschreitende Passivierung durch die hohe Frachtenbeaufschlagung bzw. Eisenkorrosion wider, die bei - einer natürlichen GW-Dynamik unterliegenden – in-situ-Reaktionswänden erst nach Jahren bis Jahrzehnten auftreten dürften.
Die beobachteten Effekte sind zwar nicht in dieser Ausprägung zu erwarten, aber wahrscheinlich kleinräumig mit einer ähnlichen Wirkung verbunden. Inwieweit solche Effekte die langfristige Performance ganzer Reaktionswände beeinträchtigen, ist derzeit nicht einschätzbar. Eine Prognose der räumlich-zeitlichen Entwicklung von Präzipitationsfronten in Verbindung mit Gasbildungsraten ist zur Zeit – auch anhand von
Säulenversuchen – nur sehr eingeschränkt möglich. Für die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf zukünftig zu errichtende Reaktionswandsysteme muss folglich zwischen Bernau-reaktorspezifischen und allgemeingültigen
Effekten unterschieden werden. Permeabilitätsbeeinträchtigungen durch gaserfüllte Hohlräume können anhand der Forschungsergebnisse in unterschiedlichen Ausmaßen infolge a) der Überschussproduktion von H2 und b) infolge des limitierten durchflusswirksamen Porenvolumens fein- bis mittelkörniger Granulatschüttungen auftreten.
Wird die Wasserströmung vertikal auf- oder abwärts, also nicht quer zum Gasaufstieg geführt, ist die gesamte Durchtrittsfläche von einer Verblockung betroffen, nicht so bei einer horizontalen Durchströmung.
Die Erkenntnisse zum Kombinationseffekt Präzipitate / Sedimentfalle / Gasverblockung bei vertikaler Durchströmung können demnach als reaktorspezifisches Problem angesehen werden. Die Fällung von feinkörnigen Eisensulfidschlämmen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Porosität und lokale Gasverblockungen ist jedoch
auch für herkömmliche, bautechnisch einfacher gestaltete Reinigungsanlagen zu erwarten. Variiert die effektive Porosität durch Gasverblockung, variiert auch die Verweilzeit des kontaminierten Wassers in der Schüttung. Sind weder Gasanteile in der Schüttung noch Tracer-Verweilzeiten bekannt, lassen sich Abbaukinetiken nur
schwer verlässlich interpretieren.

Unveröffentlichte Berichte, Publikationen

[1] Ingaas-Sachstandsbericht 122/12/00, BMBF-Vorhaben "Reaktive Wände", Bernau; LP A6/3; C1/1-2 (Erkundung, Planung der Tiefbaumaßnahmen), INGAAS GmbH (intern für BBG).
[2] Ingaas-Sachstandsbericht 122/04/01, BMBF-Vorhaben "Reaktive Wände", Bernau; LP C1/3 (Reaktorplanung), INGAAS GmbH (intern für BBG).
[3] Ingaas-Sachstandsbericht 122/09/02, BMBF-Vorhaben "Reaktive Wände", Bernau; LP B1 (GW-Modellrechnungen), INGAAS GmbH (intern für BBG).
[4] Ingaas – vorläufiger Endbericht 122/08/02, BMBF-Vorhaben "Reaktive Wände", Bernau; INGAAS GmbH; August 2002, Langversion intern für BBG, gekürzte Fassung für beteiligte Behörden.
[5] Ingaas-BMBF-Statusberichte 1-7 (2000 - 2004) zum F&E-Vorhaben "Reaktive Wände", Bernau incl. Anlagen.
[6] INGAAS – Machbarkeitsstudie 193/04/03 zur Entwicklung einer Sanierungskonzeption für die Standorte WGT-Kaserne Schönfelder Weg und B-Plan Gebiet „Am Teufelspfuhl“ in Bernau bei Berlin (intern für BBG und Behörden).
[7] Hein, P., Freygang, M., Vigelahn, L. (2001): Horizontales Fe0-Reaktionswandsystem zur In-situ-Abreinigung von LHKW-verunreinigtem Grundwasser in Bernau, 1. Teil: Vorstellung des F&E-Projektes Bernau im BMBF-Verbundvorhaben „RUBIN– Anwendung von Reinigungswänden zur Sanierung von Altlasten“. TerraTech
5/2001, 54-56.
[8] Hein, P., Vigelahn, L., Hutmacher, M., Oviedo, I. (2002): Horizontales Fe0-Reaktionswandsystem zur In-situ-Abreinigung von LHKW-verunreinigtem Grundwasser in Bernau, 2. Teil: Prognose abiotischer Abbauleistungen, Optimierung von Durchsatz und Verweilzeit am Fe0-Horizontalreaktor, erste Ergebnisse. TerraTech, 3/2002.
[9] Hein, P., Freygang, M., Vigelahn, L. (2002): Horizontaler Eisengranulatreaktor zur In-Situ-Abreinigung von LHKW-kontaminiertem GW in Bernau bei Bernau. Altlastenspektrum, 4/2002, 89.
[10] Hein, P., Butler, J., Weiss, H.-J., Vigelahn, L. (2001): Horizontales Fe0-Reaktionswandsystem zur In-situ-Abreinigung von LHKW-verunreinigtem Grundwasser in Bernau, 3. Teil: Anwendung innovativer Erkundungstechniken – Methodik, Ergebnisse und Schlussfolgerungen für die Anwendung einer Reaktionswand am Standort Bernau. Wasser Luft und Boden, 10/2002, Supplement TerraTech, 22-24.
[11] URST - Vogler, T. & Keding, E. (2002): Ermittlung des Gefährdungspotentials auf der B-Plan-Fläche “Am Teufelspfuhl” der Stadt Bernau bei Berlin. Umwelt- und Rohstoffgeologie Greifswald i.A. der Stadt Bernau (19.11.02).
[12] INGAAS GMBH & EMC DER RTU (LV): Berichte I-IX zur GW-Modellrechnung im BMBF-Vorhaben Bernau (2000/2001, Fortschreibung 2002).
[13] BBG mbH (2005): F&E-Skizze RUBIN II zur Errichtung einer reaktiven durchlässigen Fe0-Wand am Westufer des Teufelspfuhls in Verbindung mit einer Herdsanierung im Gleiskörper durch Nanoeisen; fachliche Zuarbeit durch INGAAS GMBH.
[14] INGAAS GMBH, Autor OLAF HOLM in Koop. mit TU BERLIN (2004): Vergleichende Untersuchungen zur Phytoremidiation an den ehemals militärisch genutzten BBGStandorten Bernau, Krampnitz und Jüterbog/Brückenstr. (unveröff.).
[15] LANDKREIS BARNIM, UBH (2004): Wasserrechtliche Erlaubnis zur vorübergehenden Absenkung des Teufelspfuhls (incl. Verlängerung bis 1. Quartal 2005); 22.10.04/13.01.05.
[16] INGAAS GMBH (2004): Kurzdokumentation von Erkundungsergebnissen oberer GWL / Teufelspfuhl aus den Jahren 2003 / 2004 im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung von „KONVER“. – Internes Informationspapier zur Weitergabe an den Landkreis Barnim, Stand 13.12.04.
[17] INGAAS GMBH (2005): Erkundung der LCKW-Ausbreitung im Grundwasser und Untersuchungen zur Phytoremediationsüdlich der ehemaligen WECJ-Fläche der Liegenschaft Jüterbog II Brückenstraße (PM 085-09). – AG: BBG mbH (unveröff.); 28.01.05.

Abbildungen

 

Abb. 1: Schematischer Schnitt durch den F&E-Pilotreaktor; u.r.: durch ein befülltes Reaktormodul

 

Abb. 2: Beispielhafte Darstellung der LCKW-Konzentrationsverläufe am Reaktor Bernau —
Volumenfluss ca. 1 m³/h, ausgetauschte Porenvolumen V/V0 = 2346, (n.n. = nicht nachgewiesen)

 

 

September
2001

Pressemitteilung

Pressemitteilung vom 06. September 2001 (pdf: 199 KB) "Erste reaktive Wand in den ostdeutschen Bundesländern":
pmi01-07.pdf


Pressemitteilung

vom 6. September 2001

Erste reaktive Wand in den ostdeutschen Bundesländern

Brandenburgische Boden GmbH arbeitet an innovativer Sanierung einer russischen Militäraltlast

Wo einst russische Militärs ihre Uniformen reinigten, ist heute eine massiv mit Chlorkohlenwasserstoffen belastete Schadstoffstelle auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne Schönfelder Weg in Bernau. Eine Gefahr für die Trinkwasserversorgung der Bernauer Bevölkerung ist nicht gegeben, da die Stadt seit den 70er Jahren aus den Wasserwerken Schönow und Zepernick versorgt wird.
Eine Sanierung ist jedoch für die geplante Freizeitnutzung der Fläche unerlässlich. Ein herkömmliches Verfahren mit permanent zu betreibenden und zu überwachenden oberirdischen Anlagen zum Abpumpen und Reinigen des Grundwassers würde zweistellige Millionenbeträge erfordern und ist aufgrund der Finanzierungsrisiken nicht realisierbar.

Die Brandenburgische Boden GmbH als Treuhänder dieser Liegenschaft orientiert sich in ihrem Altlastenmanagement an technischen Innovationen, sucht die Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Forschung.
In den USA und Kanada wurde eine Technologie entwickelt, bei der mittels in den Boden eingebrachter reaktiver und regenerierbarer Materialien das den Schadensbereich durchfließende Grundwasser gereinigt wird. Die Reinigungswände arbeiten je nach Schadstoffbelastung mit unterschiedlichen reaktiven Substanzen.

Die langfristigen Einsatzmöglichkeiten von Reinigungswänden sind Schwerpunkt des Verbundprojektes "Anwendung von Reinigungswänden für die Sanierung von Altlasten". Hierzu nahm eine Arbeitsgruppe des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Mai 2000 ihre Tätigkeit auf. Sie berät, vernetzt und begleitet für 3 Jahre bundesweit 11 Einzelobjekte für dieses Aufgabengebiet wissenschaftlich.

Seit September 2000 beteiligt sich die Brandenburgische Boden GmbH am BMBF-Forschungsverbund "RUBIN" und wendet ein solches Verfahren erstmals auf dem einzigen Standort in Ostdeutschland, der ehemaligen WGT-Kaserne in Bernau an.
Bei dem Bernauer Projekt soll der Schadstoffherd von der Kontaminationsfahne abgekoppelt und saniert werden. Weiterhin wird untersucht, in wie weit nullwertiges Eisen und Aktivkohle als Reaktormaterial langfristig für den Abbau der Chlorkohlenwasserstoffe geeignet sind und welche Oberflächenstruktur des Eisens diesen Vorgang beschleunigt. Die in diesem Prozess entstehenden Abbauprodukte sind nicht mehr umweltschädlich. Das somit von der ursprünglichen Schadstoffquelle abströmende, unbelastete Wasser wird dem Grundwasserleiter wieder zugeführt.

Dadurch, dass sich das BMBF zu 50 Prozent an der Finanzierung beteiligt, ist es der Brandenburgischen Boden GmbH möglich, dieses mehrjährige, innovative Projekt in Höhe von 2,5 Mio. DM aus dem Sondervermögen "Grundstücksfonds Brandenburg", in das die WGT-Liegenschaften eingestellt sind, zu finanzieren.

Die enge Zusammenarbeit der Brandenburgischen Boden GmbH mit der Technischen Universität Berlin, der Fachhochschule Potsdam sowie den auf diesem Gebiet führenden Universitäten Kiel und Tübingen ist bei diesem Projekt genauso unerlässlich, wie die Kooperation mit der projektausführenden INGAAS Ingenieurgesellschaft für Wasserwirtschaft und Umweltschutz mbH und der ständige Kontakt mit Landesbehörden und Kommunalvertretern.

Jüngster Anlass eines Zusammentreffens aller Projektbeteiligten vor Ort war die Befüllung des Reaktors mittels schwerer Maschinentechnik am Donnerstag (06.09.2001). Nach der Installation von Spundwand, Dichtwand und Reaktorkasten sowie dem Gießen der Unterwasserbetonsohle für die Reaktorwand ist dies eine wichtige Etappe der Errichtung dieses passiven horizontalen In-situ-Reaktionswandsystems.

Die Ergebnisse des Bernauer Forschungsprojektes und des gesamten Forschungsverbundes sind für die Brandenburgische Boden GmbH insgesamt von großer Bedeutung; liefern sie doch Rückschlüsse für die Anwendung innovativer und effizienter Verfahren bei der Beseitigung von Grundwasserkontaminationen generell.

Das Problem der Verunreinigung des Grundwassers wird auch in Zukunft ein Schwerpunkt des Altlastenmanagements der Gesellschaft auf WGT-Flächen sein. So wurden im Jahr 2000 siebzig Prozent der insgesamt 6,7 Mio. DM hohen Aufwendungen für Altlastenuntersuchungen, -sanierungen und Abfallensorgungen aus dem Sondervermögen allein für Projekte zur Untersuchung und Sanierung von Boden und Grundwasser auf noch nicht verwerteten Grundstücken verwendet. Mehrere dieser Projekte wurden mit Landes- und Bundesmitteln in Höhe von rd. 1,2 Mio DM gefördert.





Dezember 2000

In-situ-Erkundung und Probennahme

Bericht von Dezember 2000

Anfang Dezember 2000 wurden vor Ort von den Firmen Geoprobe Systems (Salina, Kansas), Geoprobe Environmental Technologies (Waterloo, Belgien) sowie Innovative Meßtechnik Weiß (IMW) (Tübingen, Deutschland) innovative in-situ-Erkundungs- und Probenahmetechniken demonstriert. Zu diesem Zeitpunkt wurden im Rahmen dieses BMBF-geförderten Projektes detaillierte Grundwassererkundungen zur Ausbreitung des massiven LCKW-Schadens durchgeführt. Die Vorführung umfasste innovative Verfahren zur tiefenspezifischen in-situ-Messung und Probenahme von schichtgebunden Lagerungsdichten (Eindringwiderstand, Mantelreibung), VOC-Schadstoffgehalten und hydraulischen Durchlässigkeiten im dm-Bereich. Es handelte sich um die Verfahren CPT-Spitzendrucksondierung, Membran-Interface-Probe (MIP)-Profil, in-situ-Probenahme von Porenwasserproben, kf-Wert-Slugprofile zur in-situ-Bestimmung und das Multi-Level-Packer-System (MPLS).

 

Abb. 1-4 Detailaufnahmen der Erkundungsarbeiten in Bernau am 05.12.2000;
Kansas Geological Survey (University of Kansas), Dr. J. Butler (in-situ-kf-Wertbestimmung);
Geoprobe Environmental Technologies Waterloo, Belgien, Michel Rogge (MIP)


Weiterhin hat die Firma Innovative Messtechnik Weiß (IMW) an den speziell ausgebauten Grundwassermessstellen das MPLS-Packersystem zur horizontierten Pumpprobenahme sowie Keramik-Dosimeter zur Passivprobenahme vorgestellt.

Im Rahmen einer Posterausstellung am Standort wurden die Ergebnisse der bereits geleisteten Erkundungsarbeiten sowie die ihnen zugrundeliegenden und aktuell demonstrierten Verfahren zusätzlich veranschaulicht.


Abb. 5 Aufnahme vom 05.12.2000: Ansicht des Bereichs des künftigen Funnel-and-Gate-Bauwerkes (grob mit Holzpflöcken markiert). Links die alten TCE-Tanks. Im Vordergrund Mitte etwa der Bereich des künftigen Reaktors. Blickrichtung entgegen der Grundwasserströmungsrichtung. Abb. 6 Detailaufnahme der TCE-Tanks.

Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, sich näher über das Forschungsprojekt "Reaktive Wände" einschließlich der geplanten Tiefbaumaßnahmen und verfahrenstechnischen Aspekte zu informieren.
Abb. 7-8 Dipl.-Ing. P. Hein (INGAAS GmbH) erläutert vor Ort die Datenlage und die geplanten Maßnahmen.