In-situ-Abreinigung von TCE im Grundwasser nach dem Funnel-and-Gate-Prinzip mit regenerierbaren Eisen-Reaktoren in horizontaler Anordnung am Standort der ehemaligen WGT-Kaserne Bernau (Land Brandenburg)


Land Brandenburg "Grundstücksfonds Brandenburg"

vertreten durch Brandenburgische Boden Gesellschaft für Grundstücksverwaltung und -verwertung mbH (BBG), Waldstadt (bei Wünsdorf)


INGAAS GmbH
IMES GmbH
Technische Universität Berlin
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Universität Tübingen


  • Ursache

    Die Kaserne Bernau-Schönefelder Weg befindet sich nordöstlich von Berlin, wurde 1941/42 errichtet und zunächst durch die deutsche Wehrmacht, von 1945-1991 durch die WGT (Westgruppe der Truppen) als Bekleidungswerk für die Produktion und Lagerung von Textilien genutzt. Zu Beginn der 60er Jahre wurde auf der Liegenschaft eine chemische Reinigung gebaut, die durch ihre jahrzehntelange Nutzung sowie eine dokumentierte Havarie im Jahr 1965 die Ursache für die damalige Schließung des Wasserwerkes Bernau sowie die derzeitige Kontaminationssituation darstellt. Der Schaden ist durch kontinuierliche Leckagen, Überlauf- und Umfüllverluste im Bereich der Reinigung entstanden.


    Abb. 1 Einfahrt zum Bekleidungslager Schönefelder Weg, Aufnahme vom Mai 1999

    Abb.2 Blick auf die TCE-Tanks (05.12.2000)

    Abb. 3 Luftbild des Standortes Bernau

    Abb. 4 Zustand des Geländes im Mai 1999

  • Schadstoffgruppen/Kontaminanten

    Als Hauptschadstoffgruppe liegen im Bereich der ehemaligen Reinigung massive Verunreinigungen mit LCKW (Hauptkomponente TCE >90 %) im Boden und Grundwasser vor.
    Eine extreme Belastung des oberflächennahen Grundwassers mit 1,1 g/l LCKW an der Eintragsstelle lässt vermuten, dass das möglicherweise kurz vor dem Abzug der WGT eingetragene LCKW-Maximum noch als Phase im Hangenden des oberen Grundwasserleiters (GWL) liegt und erst im Absinken begriffen ist. Insgesamt ist von ca. 8-10 t LCKW im GW-gesättigten Bereich auszugehen. Im oberen GWL wurden Konzentrationen zwischen 75 - 500 mg/l LCKW gefunden.

    Abb. 5 Ausbreitung der Kontamination im oberen Grundwasserleiter Abb. 6 Ausbreitung der Kontamination im unteren Grundwasserleiter

    Der Schaden reicht mit bis zu 60 mg/l LCKW bis in eine Tiefe von max. 38 m in den unteren GWL.

    In der ungesättigten Bodenzone im Bereich der Reinigung wurden Konzentrationen mit LCKW </ = 690 mg/kg nachgewiesen. Bodenluftgehalte lagen bei ca. 200 mg/m³ LCKW.


  • Geologie

    Das geologische Normalprofil vom Hangenden zum Liegenden kann wie folgt beschrieben werden:

    • Auffüllung (Sand, vereinzelt Ziegelreste und Bauschutt)
      im Mittel 1,1 m mächtig
    • Schmelzwassersand (Mittelsand, fein- bis grobsandig, an der Basis kiesig)
      7-8 m mächtig (Oberer GWL)
    • Geschiebemergel (sandig-schluffig steif)
      6-11 m mächtig
    • Schmelzwassersand (Mittelsand, zur Basis Feinsand, schluffig, mittelsandig)
      9-18 m mächtig (Unterer GWL)
    • Geschiebemergel (tonig mit schluffig-sandigen bis kiesigen Beimengungen, steif)
      > 6 m mächtig

  • Hydrogeologie

    Höhe der Aquiferbasis: Oberer GWL: ca. 9 m unter GOK
    Unterer GWL: ca. bis 38 m unter GOK
    GW-Flurabstand: Oberer GWL: 1,50-3,50 m unter GOK
    Unterer GWL: Gespannter Druckspiegel im Niveau des oberen GWL
    Durchlässigkeit (kf-Wert): Oberer GWL: 1-5 x 10-4 m/s (mäßig gut durchlässig)
    Unterer GWL: 5 x 10-5 m/s (mäßig durchlässig)
    Abstandsgeschwindigkeit: Oberer GWL: 2,2 x 10-6 m/s im Anstrom, 3,3 x 10-6 m/s im Abstrom
    Hydraulischer Gradient: Oberer GWL: 0,0025 im Anstrom, 0,00375 im Abstrom


  • Hydrochemie

    Hydrogencarbonat bis zu 300 mg/l


Innovatives Funnel-and-Gate-System mit geschlossenem Gate, aktivem Heben hochkontaminierten Grundwassers aus zwei Aquifern und einer horizontalen Durchströmung eines einzelnen, oberflächennahen Gates (5 m tief, offene, durch Spundwände stablisierte Zelle mit 18 Reaktorelementen/"Modulen", die unterschiedlich durchströmt werden können, d.h. in Reihe oder parallel, Kombinationen möglich).

Abb. 7 Ansicht des für das Wandbauwerk vorgesehenen Bereiches
(Dezember 2000)
Abb. 8 Lage und Anordnung des Wandsystems

Auf einem ehemaligen Kasernengelände sowjetischer Truppen am Stadtrand von Bernau (nordöstlich von Berlin) wurde 2001 eine Pilotreinigungswand direkt neben der früheren Großwäscherei errichtet. Das im Rahmen des RUBIN-Netzwerkes geförderte Bauwerk zeichnet sich durch mehrere einzigartige und unkonventionelle Konstruktionsmerkmale aus: Beispielsweise wurde das einzige Gate, das 18 großdimensionierte Einzelreaktormodule (hergestellt aus verstärktem Beton und befüllt mit nullwertigem Eisen) enthält, als nach oben offene rechtecki-ge Reaktorzelle kurz unterhalb der Oberfläche errichtet. Es wird quasi horizontal durch aktiv gehobenes Grundwasser durchströmt, indem letzteres nacheinander oder auch parallel, je nach gewünschter und frei wählbarer Schaltungsweise, die einzelnen Module passiert.

Die besondere Konstruktionsweise der Reinigungswand ergibt sich aus der Erfordernis, gleichzeitig zwei grundlegende Probleme am Standort, die darüber hinaus für eine beträchtliche Zahl kontaminierter Flächen in Ostdeutschland typisch sind, modellhaft im technischen Maßstab in einem einzigen Verfahrensschritt angehen zu können: Es wird eine außerordentlich hohe LCKW-Konzentration im Grundwasser (mehr als 100 mg/L, überwiegend als TCE) angetroffen, von der gleich zwei übereinanderliegende Grundwasserstockwerke betroffen sind, d. h. die Schadstoffe sind bereits vom oberen in den unteren Leiter vorgedrungen. In Bernau versucht man folglich eine Antwort auf die schwierige Frage zu geben, wie sich zwei kontaminierte Grundwasserleiter simultan mit einem einzigen Reaktionsbauwerk effizient fassen und behandeln lassen, insbesondere wenn sich der zweite Leiter schon in einer größeren Tiefe befindet, die für die Erstellung des Bauwerkes bis in diese Tiefe hinab aus bautechnischen und/oder wirtschaftlichen Gründen ein Problem darstellen kann.

Das gesamte System arbeitet nur zum Teil passiv, da das Grundwasser aus beiden Stockwerken zunächst in einen geschlossenen Funnelbereich unmittelbar vor dem Gate gepumpt wird. Das Porenvolumen des vom Funnel umschlossenen Bodens dient als Zwischenspeicher, von dem man aus das zuvor gehobene Wasser dem ersten Reaktorelement aufgrund des künstlich optional aufbaubaren Gradienten mit unterschiedlicher Strömungsgeschwindigkeit (und damit auch mit variierbarem Massenfluß der Kontaminanten) passiv zuströmen lassen kann. Alle Module werden jeweils von oben nach unten durchströmt und sind durch Rohrleitungen untereinander flexibel verbunden, so dass unterschiedliche Anordnungen und Schaltungen einzelner E-lemente möglich sind. Die Reaktoranordnung stellt stets ein gegen die Umgebung geschlossenes System dar. Erste Ergebnisse aus der ersten Jahreshälfte 2002 belegen eine effiziente Abreinigung der Hauptkontaminanten TCE (100 mg/L) an nullwertigem Eisen: Nach der Passage des siebten Moduls (bezogen auf eine Reihenschaltung) sinkt die Konzentration unter die Nachweisgrenze, d. h. nach einer Gesamtfließstrecke von weniger als 15 m. Um auch die TCE-Metabolite, vorwiegend cis-DCE und VC, in der weiteren Fließstrecke effizient abzubauen, ist eine biologische Zusatzstufe und/oder der Einsatz von Palladium auf Zeolith (Details siehe im folgenden zum Standort Denkendorf) geplant.